Seit 29 Jahren ist diese Stadt meine Heimat und ich kenne jeden einzelnen verborgenen Winkel und jeden Elektrokasten, an den ich meine Liebesschwüre gesprüht habe, vor allem die in Marzahn. In der Sonne dösen die Alkoholiker auf ranzigen Parkbänken und wenn man den Kopf nicht allzu oft in den Nacken legt, versperrt einem ständig irgendwelches Grün die Sicht. Der drittgrünste Bezirk von Berlin, merken sie sich das, höre ich meinen Geschichtslehrer raunen und puff ist er wieder verschwunden und ich laufe in gleißendem Sonnenlicht über einen menschenleeren Parkplatz vor dem Rewe, eine Situation, die sämtliche Filme über amerikanische Vorstädte um Zillarden toppt, vor allem als ein dickes schwarzes Kind schlendernd die Szenerie betritt, seinen Ranzen geschultert und ich ihm, Mazzy Star hörend, bis vor seine Wohnungstür folge, wo schon der ebenfalls übergewichtige Bruder über dem Balkon hängt, Parterre und die beiden sich schwermütige Blicke zuwerfen. Kulleraugen und kullerbunt sind die Balkone, Farbkleckse und Wintergärten und Grün, viel Grün. Es kommt mir alles kleiner vor, aber trotz allem genauso gähnend trostlos, wie in meiner Jugend. Vielleicht war das grau ein Stück weit ehrlicher und die quietschbunten Farbergüsse sind nur ein Wink aus dem Ikea-Kinderparadies.
Meine ehemalige POS, es ist satter Nachmittag und grün wieder, überall grün. Ich finde den Ort, wo ich zum ersten mal einem Jungen einen Handjob gegeben habe und unweit davon entfernt sitzt eine Rentnerin auf einer Parkbank, auf einer Decke, neben ihr ein schlummernder Mops und ich lege mich ebenfalls auf eine Bank, träume so vor mich hin und Mutter plätschert weiter in meinen Ohren mit "Für Stunden".
Mit jedem Schritt eine andere Erinnerung, gedämpft durch das Sonnenlicht und die zahlreichen, aber recht leeren Spielplätze lasse ich links liegen. Schnuppern in den Hausaufgängen und ein hässliches "Ahja", die wohnen immer noch hier. Jeder Schritt eine Erinnerung, die Arme ausgebreitet und jede Sekunde verdampft, wird eingeatmet und zerrührt zu einem klebrigen zuckersüßem Kuchenteig. Ab in den Ofen damit und wieder nach Hause. Was wollte ich noch einmal hier? Ahja, jemanden vergessen.
Meine ehemalige POS, es ist satter Nachmittag und grün wieder, überall grün. Ich finde den Ort, wo ich zum ersten mal einem Jungen einen Handjob gegeben habe und unweit davon entfernt sitzt eine Rentnerin auf einer Parkbank, auf einer Decke, neben ihr ein schlummernder Mops und ich lege mich ebenfalls auf eine Bank, träume so vor mich hin und Mutter plätschert weiter in meinen Ohren mit "Für Stunden".
Mit jedem Schritt eine andere Erinnerung, gedämpft durch das Sonnenlicht und die zahlreichen, aber recht leeren Spielplätze lasse ich links liegen. Schnuppern in den Hausaufgängen und ein hässliches "Ahja", die wohnen immer noch hier. Jeder Schritt eine Erinnerung, die Arme ausgebreitet und jede Sekunde verdampft, wird eingeatmet und zerrührt zu einem klebrigen zuckersüßem Kuchenteig. Ab in den Ofen damit und wieder nach Hause. Was wollte ich noch einmal hier? Ahja, jemanden vergessen.
¶ Replik
In den letzten Tagen brodelte es im Medienwald, eine FAZ - Journalistin wollte die schwäbische Hausfrau in Berlin etablieren, die TAZ griff dann in die Berliner Mentalitätsklischeekiste, um den Berlinerklärbär zu geben und der Tagesspiegel geht so gar noch einen Schritt weiter und summt ein Hohelied auf den derzeit heftig angespannten Wohnungsmarkt in Berlin. Alter Schwede. Es ist Wahlkampfzeit und es wird aller Orten um Deutungshoheit gerungen und über Gentrifizierung kann inzwischen auch die gut informierte Oma Paschulke mitreden, manchmal braucht es nur einen provokanten Text, mit einer süßlichen Note von Naivität garniert.
Und liebe Journalisten und Pop - Phänomen - Erschaffer da draußen, wir, die wir im Internet leben, sind euch immer um einiges voraus. Kulturschaffende oder auch Journalisten, die heutzutage noch das Internet links liegen lassen, haben den Knall nicht gehört.
Die hochgeschätzte Madame Modeste hat nun eine Fürsprecherin bekommen, eine ebenfalls gut verdienende und leistungsbereite junge Frau, welche aber im Unterschied zu Madame Modeste im Osten von Berlin aufgewachsen ist, wie sie selbst im Artikel erzählt. Und liebe Leser und Leserinnen, die sie sich hierher verirrt haben, sie lesen den Text einer jungen Frau, die das Grauen gesehen hat, die quasi ihre gebündelten Ängste darstellt und ich kann sie ihnen nicht einmal nehmen. Denn ich bin Marzahn aufgewachsen und es ist mit die assozialste Wohnform, die sich Menschen erdacht haben und da helfen nicht einmal selbst konstruiert gedachte schwäbische Hausfrauen in einem Plattenbau, die die Kehrwoche einführen oder ein Wiederaufleben von kollektivistischen sozialistischen Vorgartenpflegeprojekten.
Der geballte Plattenbauraum ist nicht nur unschön und unästhetisch, er garantiert auch ein Auseinandergeraten von sämtlichen sozialen Gefügen. Was es in Marzahn nicht gibt, das ist eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Es gibt kaum Restaurants, Kneipen, Kinos, Theater, etc. geschweige denn andere Einrichtungen, die einen sozialen und kulturellen Austausch ermöglichen. Es sind Wohnsilos, inzwischen aufgepeppt, aber in Marzahn ist menschliches Material auf Eis gelegt. Schlafen, fressen, wohnen - rein in die Stadt zum Arbeiten und dann wieder raus. Daran ist nichts, aber auch gar nichts zu beschönigen. Wenn Architektur dazu in der Lage ist, ein menschliches Miteinander zu verhindern, dann in diesen grotesk überzogen riesig angelegten Plattenbausiedlungen.
Und natürlich ziehen sämtliche Schulabgangjahrgänge in die Stadt und ja, wir haben alle, wirklich alle mitgewirkt an den Veränderungen in Berlin. Darüber braucht sich niemand etwas vormachen. Der Begriff der Gentrifizierung ist aber ein anderer. Er beschreibt ein Phänomen, welches letzten Endes wiederum soziale, kulturelle und politische Folgen hat und darauf muss man politisch reagieren, anders geht es gar nicht. Aufgewerteter Wohnraum muss nicht zwingend unerschwinglich sein und schon gar nicht in einer Stadt wie Berlin, wo die Einkommenshöhe den bundesdeutschen Durchschnitt unterläuft.
Und Gentrifizierung ist eben kein Pop-Phänomen, mit dem man mal eben so lässig spielen kann, wie mit einem Jojo. Die Tendenz, irgendeine kritische Gesellschaftsbewegung auf den Pop-Kultur-Altar zu platzieren, beäuge ich seit Jahren in Berlin äußerst argwöhnisch, wobei es zum Beispiel dem Feminismus um keinen Deut geschadet hat. Im Gegenteil. Hinsichtlich von Gentrifikation ist es aber durchaus angebracht, den neoliberalen Hebel zu demontieren und eine sozial verträgliche Wohnungspolitik auf politischer Basis in Berlin einzuführen, und zwar bevor es knallt. Ich spreche nicht von Maik und den angezündeten Kinderwagen, sondern in diesem Fall von London und den kürzlichen Ausschreitungen.
Und liebe Journalisten und Pop - Phänomen - Erschaffer da draußen, wir, die wir im Internet leben, sind euch immer um einiges voraus. Kulturschaffende oder auch Journalisten, die heutzutage noch das Internet links liegen lassen, haben den Knall nicht gehört.
Die hochgeschätzte Madame Modeste hat nun eine Fürsprecherin bekommen, eine ebenfalls gut verdienende und leistungsbereite junge Frau, welche aber im Unterschied zu Madame Modeste im Osten von Berlin aufgewachsen ist, wie sie selbst im Artikel erzählt. Und liebe Leser und Leserinnen, die sie sich hierher verirrt haben, sie lesen den Text einer jungen Frau, die das Grauen gesehen hat, die quasi ihre gebündelten Ängste darstellt und ich kann sie ihnen nicht einmal nehmen. Denn ich bin Marzahn aufgewachsen und es ist mit die assozialste Wohnform, die sich Menschen erdacht haben und da helfen nicht einmal selbst konstruiert gedachte schwäbische Hausfrauen in einem Plattenbau, die die Kehrwoche einführen oder ein Wiederaufleben von kollektivistischen sozialistischen Vorgartenpflegeprojekten.
Der geballte Plattenbauraum ist nicht nur unschön und unästhetisch, er garantiert auch ein Auseinandergeraten von sämtlichen sozialen Gefügen. Was es in Marzahn nicht gibt, das ist eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Es gibt kaum Restaurants, Kneipen, Kinos, Theater, etc. geschweige denn andere Einrichtungen, die einen sozialen und kulturellen Austausch ermöglichen. Es sind Wohnsilos, inzwischen aufgepeppt, aber in Marzahn ist menschliches Material auf Eis gelegt. Schlafen, fressen, wohnen - rein in die Stadt zum Arbeiten und dann wieder raus. Daran ist nichts, aber auch gar nichts zu beschönigen. Wenn Architektur dazu in der Lage ist, ein menschliches Miteinander zu verhindern, dann in diesen grotesk überzogen riesig angelegten Plattenbausiedlungen.
Und natürlich ziehen sämtliche Schulabgangjahrgänge in die Stadt und ja, wir haben alle, wirklich alle mitgewirkt an den Veränderungen in Berlin. Darüber braucht sich niemand etwas vormachen. Der Begriff der Gentrifizierung ist aber ein anderer. Er beschreibt ein Phänomen, welches letzten Endes wiederum soziale, kulturelle und politische Folgen hat und darauf muss man politisch reagieren, anders geht es gar nicht. Aufgewerteter Wohnraum muss nicht zwingend unerschwinglich sein und schon gar nicht in einer Stadt wie Berlin, wo die Einkommenshöhe den bundesdeutschen Durchschnitt unterläuft.
Und Gentrifizierung ist eben kein Pop-Phänomen, mit dem man mal eben so lässig spielen kann, wie mit einem Jojo. Die Tendenz, irgendeine kritische Gesellschaftsbewegung auf den Pop-Kultur-Altar zu platzieren, beäuge ich seit Jahren in Berlin äußerst argwöhnisch, wobei es zum Beispiel dem Feminismus um keinen Deut geschadet hat. Im Gegenteil. Hinsichtlich von Gentrifikation ist es aber durchaus angebracht, den neoliberalen Hebel zu demontieren und eine sozial verträgliche Wohnungspolitik auf politischer Basis in Berlin einzuführen, und zwar bevor es knallt. Ich spreche nicht von Maik und den angezündeten Kinderwagen, sondern in diesem Fall von London und den kürzlichen Ausschreitungen.
Was den Slutwalks anhaftet ist die Schwierigkeit, etwas so Privates und Intimes, wie die eigene Sexualität offen zur Schau zu stellen, weil auch der Missbrauch und die Unterdrückung im Privaten stattfinden. Kollektive Ächtung von Freizügigkeit in der sexuellen Lebensweise, im Sinn von staatlich institutioniert, gehören in allen Staaten der Europäischen Union so gut wie der Vergangnheit an. Darum ging es aber auch weniger, denke ich.
Jede einzelne spezifische Gruppe von Frauen wurde beim Slutwalkberlin 2011 präsentiert oder kam zu Wort, die mittenmang sehr häufig mit sexualisierter Gewalt zu tun haben und das sind auch illegale Prostituierte, migrantische Prostituierte, Prostituierte, junge Mädchen, die ihre Sexualität im Spiel mit der Öffentlichkeit ausprobieren wollen, gestandene Frauen, wir Wendekinder, Ost wie West und Männer (und jetzt noch mal: illegal, migrantisch, jung, gestanden, Anfang bis Mitte Dreißig). So.
Wer einen Blick dafür hatte, wusste auch um einige Frauen, warum die hier mitgelaufen sind. Weil sie selbst schon einmal Missbrauch erfahren haben. Und zumeist, recht pauschal formuliert, ist das kein glücklicher Blick.
Denn darum geht es - um glückliche Sexualität, die zwar in allen möglichen Ausformungen und Perversionen daherkommen mag, aber einfach das Mindestmaß an Menschlichkeit beinhaltet und zwar das der Freiwilligkeit. Ich tue das, weil ich das mag. Das ist meine sexuelle Befreiung.
Kann man nun einwenden, dass viele kulturelle Einschreibungen uns eine bestimmte Möglichkeit an Freiheit überhaupt nicht mehr gewehren können, weder im Gestalten unseres Lebens, noch in unserer Sexualität. Wir sind natürlich kulturell gebunden an unsere Rituale und Normen. Verletzungen werden mit Strafen geächtet.
Aber man kann das Strafmaß verändern. Und wenn viele junge Frauen darauf bestehen, selbst über ihren Körper bestimmen zu wollen, dann muss die Gesellschaft das Strafmaß für den Täter ändern.
Und dann ist dies ein ganz normales Strafmaß, auf dass sich auch keine Boulevardpresse mehr stürzen wird.
Was geben wir der Presse demnächst? Kalter Krieg, Vergewaltigung, Bundesgartenschau oder Heidi Klum?
Jede einzelne spezifische Gruppe von Frauen wurde beim Slutwalkberlin 2011 präsentiert oder kam zu Wort, die mittenmang sehr häufig mit sexualisierter Gewalt zu tun haben und das sind auch illegale Prostituierte, migrantische Prostituierte, Prostituierte, junge Mädchen, die ihre Sexualität im Spiel mit der Öffentlichkeit ausprobieren wollen, gestandene Frauen, wir Wendekinder, Ost wie West und Männer (und jetzt noch mal: illegal, migrantisch, jung, gestanden, Anfang bis Mitte Dreißig). So.
Wer einen Blick dafür hatte, wusste auch um einige Frauen, warum die hier mitgelaufen sind. Weil sie selbst schon einmal Missbrauch erfahren haben. Und zumeist, recht pauschal formuliert, ist das kein glücklicher Blick.
Denn darum geht es - um glückliche Sexualität, die zwar in allen möglichen Ausformungen und Perversionen daherkommen mag, aber einfach das Mindestmaß an Menschlichkeit beinhaltet und zwar das der Freiwilligkeit. Ich tue das, weil ich das mag. Das ist meine sexuelle Befreiung.
Kann man nun einwenden, dass viele kulturelle Einschreibungen uns eine bestimmte Möglichkeit an Freiheit überhaupt nicht mehr gewehren können, weder im Gestalten unseres Lebens, noch in unserer Sexualität. Wir sind natürlich kulturell gebunden an unsere Rituale und Normen. Verletzungen werden mit Strafen geächtet.
Aber man kann das Strafmaß verändern. Und wenn viele junge Frauen darauf bestehen, selbst über ihren Körper bestimmen zu wollen, dann muss die Gesellschaft das Strafmaß für den Täter ändern.
Und dann ist dies ein ganz normales Strafmaß, auf dass sich auch keine Boulevardpresse mehr stürzen wird.
Was geben wir der Presse demnächst? Kalter Krieg, Vergewaltigung, Bundesgartenschau oder Heidi Klum?
¶ Sortiert
Beim recht frühen Aufwachen heute sortierte sich die gesamte Welt mit einem mal. Logische Konsequenzen aus allen 'what ifs' und das 'was wäre wenn' lagen vor mir, genau vor meinen Füßen. Es ist genauso gekommen, wie es kommen sollte. Eine furchtbare Erleichterung macht sich breit nach diesen zwei Jahren und dem ewigen auf und ab und on und off. Dem Internet einschalten und es ausschalten und alles draußen lassen. Stundenlange Spaziergänge, Gespräche und sogar Sport dieses Jahr. Ich habe die Anfänge dieses Jahr nicht versemmelt und war bei allem gewillt es durchzuziehen, die Enden, wie die Anfänge. Einige Brüche kamen von außen und ich bin immer noch mittendrin. Mittendrin in etwas sehr lieblichem. So lange wie ich mag. Gut so.