¶ WEG HIER
Ich gewöhne mich jedes Mal neu daran, an jede neue Phase. Man ist eben ein halbes Jahr krank geschrieben oder trauert ein halbes Jahr lang einer verflossenen Liebe hinterher. Nicht weltbewegend, würde man nicht in einer Stadt leben, die sich halbjährlich versucht neu zu erfinden. Halbjährlich aufwachen, um zu schauen, was nun schon wieder neu ist. Die Phase, in der ich mich momentan befinde, ist nicht großartig unglücklich oder dramatisch, nach meinem Empfinden. Andere würden das bestimmt anders sehen, vielleicht. Aber ein großer Sprung ist sie nun auch nicht. In Zahlen: Ich bin seit einem halben Jahr nicht mehr ernsthaft krank gewesen und habe das auch nie wieder vor. Aber die Chancenlosigkeit der letzten Jahre, sich selbst für längere Zeit von Berlin zu beurlauben, nagt doch immer noch sehr, sehr ernsthaft an mir. Dem abzuhelfen, als gelebter Traum, ja Traum, stände nicht einmal ein runder Familiengründungswunsch gegenüber. Eher ein unrunder. Es gilt nur abzuwägen, wozu ich gesundheitlich in der Lage wäre und welcher Stein jetzt passen würde, damit der Turm der letzten sechs Monate nicht umfällt. Und natürlich: Was klappt. Vielleicht. Bald.
Wenn ich mir Glück und Gesundheit wünsche, dann spreche ich von eurem: Ich habe ein zufriedenes und schönes Leben.
Wenn ich mir Glück und Gesundheit wünsche, dann spreche ich von eurem: Ich habe ein zufriedenes und schönes Leben.
Wir machen das hier doch nicht zum Spaß. Wir machen hier großes Theater, epochales Theater, ja monumentales Theater möcht´ich fast sagen. Hier geht es um Liebe, Schmerz und ganz wenig Hoffnung.
Kurt Krömer
"Warum gehen die Leute nicht mehr ins Theater?", fragte ich vor Jahren eine Freundin, als wir kurz vor dem Kinobesuch noch etwas essen waren und ich befürchtete schon, sie würde abwinken. Tat sie aber nicht. Sie überlegte etwas und holte dann zu einem längeren und klugen, ruhigen Monolog aus, wie es so ihre Art ist. Der Kern war uns beiden klar; die Leute gehen ins Theater, wenn sie die Antworten auf ihre Fragen nirgendwo anders finden können, bzw. eine Vorliebe für das Theater haben, vor allem in unruhigen Zeiten.
Im Gegensatz zu meiner Freundin, die nie großartig ins Theater gegangen ist, sonst auch wenig Ambitionen verspürte, sich dieser Branche irgendwie zu nähern, bin ich über Jugendtheatergruppen in Kombination mit meinem allerersten Berufswunsch: Tänzerin, auf die Bühne gestolpert und hielt mich dort auch ein paar Jährchen auf. Meine ersten professionellen Erfahrungen jedoch sammelte ich dann hinter der Bühne, in verschiedensten Formen von Assistenzen. Und ich kann mit ruhigem Gewissen behaupten, unglaublich viel gelernt zu haben. Ja, vor allem die Praxis und ja, man arbeitet hier häufig viel für wenig Geld.
Dessen ungeachtet reißt der Strom an Neubegeisterten und neuen Ideen, sowie Formen aber nicht ab; zumal die Abgrenzungen zu anderen Kunstrichtungen kaum noch auszumachen sind. Die Perfomance-Entwicklungen des letzten Jahrhunderts waren da nur der Anfang. Schnittstelle Internet oder wie wir vor zehn Jahren noch sagten: Die neuen Mädchen.
Theater dieser Tage als großes Samplingspektakel zu betrachten, halte ich nicht für falsch, die sinnliche Erfahrung von Raumtiefe und Interaktion zwischen Schauspieler und Publikum aber nach wie vor für erstrebenswert und unabdingbar. Dieser Ideenwettbewerb wird, so hoffe ich, auf der re:publica eine gute inspirierende
Sache werden. Man kann sich jetzt schon auf jovoto, wenn man sich angemeldet hat, die eingereichten Wettbewerbsbeiträge ansehen.
Kurt Krömer
"Warum gehen die Leute nicht mehr ins Theater?", fragte ich vor Jahren eine Freundin, als wir kurz vor dem Kinobesuch noch etwas essen waren und ich befürchtete schon, sie würde abwinken. Tat sie aber nicht. Sie überlegte etwas und holte dann zu einem längeren und klugen, ruhigen Monolog aus, wie es so ihre Art ist. Der Kern war uns beiden klar; die Leute gehen ins Theater, wenn sie die Antworten auf ihre Fragen nirgendwo anders finden können, bzw. eine Vorliebe für das Theater haben, vor allem in unruhigen Zeiten.
Im Gegensatz zu meiner Freundin, die nie großartig ins Theater gegangen ist, sonst auch wenig Ambitionen verspürte, sich dieser Branche irgendwie zu nähern, bin ich über Jugendtheatergruppen in Kombination mit meinem allerersten Berufswunsch: Tänzerin, auf die Bühne gestolpert und hielt mich dort auch ein paar Jährchen auf. Meine ersten professionellen Erfahrungen jedoch sammelte ich dann hinter der Bühne, in verschiedensten Formen von Assistenzen. Und ich kann mit ruhigem Gewissen behaupten, unglaublich viel gelernt zu haben. Ja, vor allem die Praxis und ja, man arbeitet hier häufig viel für wenig Geld.
Dessen ungeachtet reißt der Strom an Neubegeisterten und neuen Ideen, sowie Formen aber nicht ab; zumal die Abgrenzungen zu anderen Kunstrichtungen kaum noch auszumachen sind. Die Perfomance-Entwicklungen des letzten Jahrhunderts waren da nur der Anfang. Schnittstelle Internet oder wie wir vor zehn Jahren noch sagten: Die neuen Mädchen.
Theater dieser Tage als großes Samplingspektakel zu betrachten, halte ich nicht für falsch, die sinnliche Erfahrung von Raumtiefe und Interaktion zwischen Schauspieler und Publikum aber nach wie vor für erstrebenswert und unabdingbar. Dieser Ideenwettbewerb wird, so hoffe ich, auf der re:publica eine gute inspirierende
Sache werden. Man kann sich jetzt schon auf jovoto, wenn man sich angemeldet hat, die eingereichten Wettbewerbsbeiträge ansehen.
There is nothing to fear but fear itself
Franklin D. Roosevelt
Ich lache laut auf, als ich die fertig gebaute Hütte, eine mit Holzästen und Planen umschlungene Waldbehausung, versehen mit einem Plastikwelldach, sehe. Besser ließen sich die Berliner Wohnungsmarktsituation, die Obdachlosensituation in Berlin und warme geplatzte Aussteigerwünsche nicht zusammenfassen. Here we go: Brandenburgische Waldfavela und mir fällt blitzartig eines meiner Lieblingsphotos aus der 57. Ausgabe der Colors (Slums/Baraccopoli) ein, wo ein Mann in einer Art Büro in Mexiko zu sitzen scheint, dessen Wände mit blauen Plastikmülltüten ausgekleidet wurden, in Anlehnung an eine luxuriöse Lederwand. Bildunterschrift: This place may be a trash dump, but it doesn't mean we're vulgar.
Martin ist weder unterprivilegierter Pöbel, noch wenig mit Schläue gesegnet. Es ist die Angst, die ihn antreibt. Er ist Mathematiker und kommt aus dem typischen Berliner Akademikerumfeld, welches sich anfangs im Friedrichshain niederlässt um eventuell später in grüneren und beschaulicheren Bezirken heimisch zu werden. Aber da tickt etwas in ihm, eine Uhr, eine Angstuhr und er zählt die Sekunden ab, die einzelnen Momente, um zu verdrängen und gleichzeitig seiner selbst habhaft zu werden. Neunundneunzig, einhundert, einhunderteins ...
Laut, lärmend, zugig und überfahren wirst du sowieso und danach liegengelassen. Berlin, im Film gezeichnet, irgendwo zwischen Moloch und Marzahn, rast lärmend auf dich zu, steckt dich in graue Plattenbauten und zerlegt deine Knochen in einzelne Teile in den letzten verbliebenen Abrisshäusern. Dabei liegt der Ausweg so nahe und kostet kaum vier Euro und schon bist du im Brandenburgischen Wald. Der gediegene Bürger assoziiert sich bei dem Gedanken an Brandenburg eine Laubhütte oder sein Häuschen und Ruhe und Schutz zusammen; für Martin wird dies die Wende seiner bisherigen bürgerlichen Biografie und ein Ausstieg aus der Angst. Wenn da nur nicht dieser kleine Junge wäre, den er in einem Abrisshaus kennengelernt hat und welcher ihn von nun ab begleiten wird.
Eine tiefsitzende Angst lässt sich nicht abstreifen, wie eine verflossene Liebe oder ein Karriereknick. Sie ist dein ständiger Begleiter und funkelt dich in stillen und schönen Momenten mit einem aufgerissenen Bulldoggenmaul an. Nice to meet you again, wirst du denken. Doch der Wald wird dich umarmen und reich beschenken mit seiner Fülle, seiner Weite und seinem Leben.
There is nothing left to loose
Drittes Studioalbum der Foofighters
Die Summe meiner einzelnen Teile
Franklin D. Roosevelt
Ich lache laut auf, als ich die fertig gebaute Hütte, eine mit Holzästen und Planen umschlungene Waldbehausung, versehen mit einem Plastikwelldach, sehe. Besser ließen sich die Berliner Wohnungsmarktsituation, die Obdachlosensituation in Berlin und warme geplatzte Aussteigerwünsche nicht zusammenfassen. Here we go: Brandenburgische Waldfavela und mir fällt blitzartig eines meiner Lieblingsphotos aus der 57. Ausgabe der Colors (Slums/Baraccopoli) ein, wo ein Mann in einer Art Büro in Mexiko zu sitzen scheint, dessen Wände mit blauen Plastikmülltüten ausgekleidet wurden, in Anlehnung an eine luxuriöse Lederwand. Bildunterschrift: This place may be a trash dump, but it doesn't mean we're vulgar.
Martin ist weder unterprivilegierter Pöbel, noch wenig mit Schläue gesegnet. Es ist die Angst, die ihn antreibt. Er ist Mathematiker und kommt aus dem typischen Berliner Akademikerumfeld, welches sich anfangs im Friedrichshain niederlässt um eventuell später in grüneren und beschaulicheren Bezirken heimisch zu werden. Aber da tickt etwas in ihm, eine Uhr, eine Angstuhr und er zählt die Sekunden ab, die einzelnen Momente, um zu verdrängen und gleichzeitig seiner selbst habhaft zu werden. Neunundneunzig, einhundert, einhunderteins ...
Laut, lärmend, zugig und überfahren wirst du sowieso und danach liegengelassen. Berlin, im Film gezeichnet, irgendwo zwischen Moloch und Marzahn, rast lärmend auf dich zu, steckt dich in graue Plattenbauten und zerlegt deine Knochen in einzelne Teile in den letzten verbliebenen Abrisshäusern. Dabei liegt der Ausweg so nahe und kostet kaum vier Euro und schon bist du im Brandenburgischen Wald. Der gediegene Bürger assoziiert sich bei dem Gedanken an Brandenburg eine Laubhütte oder sein Häuschen und Ruhe und Schutz zusammen; für Martin wird dies die Wende seiner bisherigen bürgerlichen Biografie und ein Ausstieg aus der Angst. Wenn da nur nicht dieser kleine Junge wäre, den er in einem Abrisshaus kennengelernt hat und welcher ihn von nun ab begleiten wird.
Eine tiefsitzende Angst lässt sich nicht abstreifen, wie eine verflossene Liebe oder ein Karriereknick. Sie ist dein ständiger Begleiter und funkelt dich in stillen und schönen Momenten mit einem aufgerissenen Bulldoggenmaul an. Nice to meet you again, wirst du denken. Doch der Wald wird dich umarmen und reich beschenken mit seiner Fülle, seiner Weite und seinem Leben.
There is nothing left to loose
Drittes Studioalbum der Foofighters
Die Summe meiner einzelnen Teile